
Steigende Strom- und Heizkosten setzen Museen unter Druck, die zu den energieintensivsten Kultureinrichtungen zählen. Kunstschätze wie komplizierte Klimatechnik, weder zu heiß noch zu kalt, weder zu nass noch zu trocken. Wie können Museen jetzt sparen, um Engpässe zu vermeiden? Schalten Sie das Licht aus – scheint der erste und einfachste Weg zu sein. Beeindruckende Kirchen, Fernsehtürme, Industriedenkmäler oder Museen stehen im Dunkeln und das Licht der Kunst scheint nicht mehr. Für John Jaspers, der gerade die Lichtausstellung HYPERsculptures eröffnet hat, ist das „seltsam“. Lichtkunst kostet Museen wenig und hebt die Stimmung in düsteren Zeiten, sagt er 62 Jahre alt Direktor des Zentrums für Internationale Lichtkunst in Unna ntv.de.
ntv.de: Lichtkunst verschwindet in ganz Deutschland. Dies sind dunkle Zeiten für Lichtkunst, nicht wahr?

Als Museumsdirektor geht John Jaspers mit Licht gerne mit gutem Beispiel voran.
(Foto: Frank Vinken)
John Jaspers: Museen müssen mitdenken und auch sparen. Nicht nur wir als Lichtkunstmuseum müssen nachhaltiger werden, sondern wir alle. Ich denke jedoch, dass es hauptsächlich symbolisch ist. Ich verstehe, dass die Leute genau hinsehen, wenn es um Licht geht, also um Strom und Energie. Mich interessierte die Frage, wie viel Energie unser Museum in Una verbraucht.
Und? Lichtkunst klingt für viele nach Energieverschwendung.
Ich möchte das Beispiel von Stefan Simon, einem Konservierungsforscher und Spezialisten im Kultursektor, nennen: Das Depot des Dänischen Nationalmuseums verwaltet acht Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Das ist etwa 50-mal weniger, als ein durchschnittliches Museum in Deutschland benötigt. Warum verwende ich dieses Depot als Beispiel? Als Lichtkunstmuseum sind wir in etwa gleichauf und brauchen acht bis neun Kilowattstunden. Lichtkunst verbraucht also nicht so viel Strom.
Doch warum wird in der Lichtkunst so unkritisch und schnell der Stecker gezogen?
Ich weiß nicht warum, aber ich finde es sehr seltsam. Schade, dass die Kulturbranche ihn wieder erwischt. Der Bedarf an Kunst und Kultur ist riesig, wie wir nach der Schließung der Corona-Krise gesehen haben. Unser Museum ist fast immer voll.
Was macht Licht bzw. Lichtkunst mit uns?

Lichtkunst braucht keine bestimmte Temperatur und ist billiger als Sie vielleicht denken.
(Foto: Leonard Lueg)
Licht hat mit Lebensqualität zu tun und ist ein Sicherheitsfaktor. Der öffentliche Raum muss beleuchtet sein. Sie können nicht alles ausschalten, es ist auch ein Sicherheitsproblem. Licht hebt unsere Stimmung. Es geht nach innen und ist mit unseren Emotionen verbunden. Wenn Menschen durch Keith Sonniers Werk gehen, das mal rot, mal blau leuchtet, verändern sich ihre Gefühle je nach Lichteinfall. Dies ist eine sinnliche Erfahrung. Lichtkunstwerke sind Rauminterventionen, sie verändern Räume und unsere Wahrnehmung. Lichtkunst spricht jeden an. Dabei bedeutet Licht für jeden etwas anderes.
was bedeutet das?
Leben. Ich liebe und brauche Licht. Hier im Büro seht ihr die LED-Plastiklampe, die ich in Berlin gekauft habe. Hinter mir hängt ein Foto einer Leuchtstoffröhre, die Licht an der Decke reflektiert. Das Schlimmste für mich wäre, blind zu werden.
Seit zehn Jahren setzen Sie als Museumsdirektor des einzigen Lichtmuseums Maßstäbe mit Licht. Es bedeutet auch, dass Sie gespart und auf LED umgestellt haben.
Das haben wir kontinuierlich gemacht. Übrigens nicht nur als Energiemaßnahme, sondern auch, weil LEDs länger halten. Glühbirnen waren wie Leuchtstoffröhren sehr ineffizient. Hier im Museum verwenden wir die neuesten Technologien. Mittlerweile sind viele unserer Installationen auch mit Bewegungsmeldern ausgestattet. Das Licht geht nur an, wenn jemand vorbeigeht.
Sie sind damit effizienter und günstiger als viele andere Museen?
Dank LEDs sind wir nachhaltig und gleichzeitig energieeffizient. Derzeit ist dies jedoch nicht mehr möglich. Die Stadt Unna prüft derzeit, ob das Dach unseres Gebäudes mit Solarpaneelen ausgestattet werden kann, um das Gebäude autark zu machen. Wir befinden uns in einem Gemeinschaftshaus, inklusive Volkshochschule und Bibliothek.
Das Museum für Lichtkunst befindet sich im Untergeschoss der alten Lindenbrauerei, einem Industriedenkmal, in dem gebrautes Bier gekühlt wird. Das klingt nicht gerade nach einem billigen Neubau.

Bitte mehr Licht! Es hebt die Stimmung, gibt Geborgenheit und Lichtkunst strahlt jeden an.
(Foto: Frank Vinken)
(lacht) Heizungen sind überall im Gebäude, außer in unserem. Und obwohl es im Winter besser ist, den Mantel stehen zu lassen, sind wir gut besucht. Ich weiß nicht, wie teuer unsere Stromrechnung sein wird, sie wird noch berechnet. Die Strompreise können nicht unbegrenzt steigen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth gibt eine Milliarde für den Kulturenergiefonds. Es ist eine nette Geste und vielversprechend, aber wir wissen noch nicht, wie das alles verteilt wird. Toll, dass er aufsteht und betont, dass Kunst und Kultur ein fester Bestandteil des Lebens sind.
Sie sagten, die Präsentation zeitgenössischer Lichtkunst sei eine der wirtschaftlichsten, die es gibt. Kannst du es begründen?
Das war Absicht, ich wollte den Widerspruch hören. Als Direktor eines Museums für Lichtkunst muss ich die Lichtkunst immer wieder verteidigen. Ich habe ein Beispiel, um das Zitat zu untermauern: Nach der Ausstellung “Macht! Licht!” im Kunstmuseum Wolfsburg in diesem Sommer zu Ende ging, erzählte mir der dortige Direktor Andreas Beitin, dass seine Energierechnung noch nie so niedrig gewesen sei.
Was ist das?
Es ist ganz einfach – wenn Sie Lichtkunst ausstellen, brauchen Sie keine Klimaanlage, um die Kunst auf einer bestimmten Temperatur oder Luftfeuchtigkeit zu halten. Sie brauchen keine teuren Scheinwerfer, die Bilder, Gegenstände und so weiter beleuchten müssen. In der Lichtkunst genügt das Leuchten an sich.
Stichwort ausgefeilte Klimatechnik: Der Deutsche Kulturrat sieht Exponate in deutschen Museen als gefährdet an. Kulturschätze müssen für andere Generationen erhalten werden. Müssten die Gebäude wegen der Kostenexplosion geschlossen werden, gäbe es hierzulande einen Mangel an Klimadepots. Ist das ein schwarzes Bild?

Die Lichtphänomene von Giny Vos erstrahlen im Rahmen der Ausstellung HYPERsculptures am Lindenplatz in Unna.
(Foto: Adina Dragnea)
Nicht unbedingt. Museen müssen darüber nachdenken und hier im Ruhrgebiet werden Notfallpläne geschmiedet. Wieder die Frage: Warum reduzieren Menschen Kunst und Kultur? Wie wäre es zum Beispiel mit riesigen Werksparkplätzen, die nachts leer stehen und tagsüber trotzdem hell erleuchtet sind. Was ist mit Einkaufszentren? Vielleicht könnten wir den Hebel woanders ansetzen?
Das “grüne Museum” wird viel diskutiert. Museen sollten Nachhaltigkeitskonzepte integrieren. Ist Ihr Museum mit den genannten Maßnahmen bereits „grün“?
Nein. Wie bereits erwähnt, sind wir 45-mal günstiger als das durchschnittliche Museum in Deutschland. Aber es gibt noch mehr, was wir tun können, um grün zu sein. Unsere HYPERsculpture-Ausstellung wurde am Freitag eröffnet. Die große Giny Vos-Skulptur in unserem Hof wird von 57.600 LED-Leuchten angetrieben. Jetzt wollen wir sie mit Solarmodulen nachrüsten, damit sich das Kunstwerk selbst versorgt. Aufgrund der Energiekrise haben wir uns jedoch entschieden, die Außenarbeiten um 22 Uhr einzustellen.
Mit HYPERsculptures zeigen Sie extrem große Lichtarbeiten, das Publikum kann fast in Licht getaucht werden. Aber es funktioniert immer noch nicht, ohne es auszuschalten?
Das Museum braucht Energie und muss sie schonen. 550 Künstler aus 57 Ländern haben an unserem International Light Art Award 2019 teilgenommen. Die Frage war auch, was sie mit Lichtkunst erreichen können, ohne mehrere Lampen zu verwenden. Reflexionen oder Spiegel wurden verwendet. Lichtkunst wird immer computergesteuerter. Kunst ist immer in Bewegung und kann zum Treiber nachhaltiger Technologien werden.
Juliane Rohr sprach mit John Jaspers
Die Ausstellung HYPERsculptures läuft vom 4. November bis 30. April 2023 im Zentrum für Internationale Lichtkunst Lindenplatz 1, 59423 Unna