Baltikum will Deutschland in die Pflicht nehmen

852 km: So lang ist die Grenze zwischen Russland und den drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland. Besonders hervorzuheben ist dort die unmittelbare Nähe zur Russischen Föderation. Für die drei ehemaligen Sowjetrepubliken ist der Krieg gegen die Ukraine nichts weiter als eine Bestätigung jahrelanger Warnungen vor dem russischen Imperialismus. Nein, es ist eine existenzielle Bedrohung für sie.

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Oliver Morwinsky Seit Juli 2022 leitet sie das Baltikum-Büro Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in Riga, Lettland. Die KAS ist eine Ideenschmiede, die der CDU ideal nahe steht und sich unter anderem für eine europäische Verständigung einsetzt.

Obwohl Estland, Lettland und Litauen oft unter dem Rubrum „Baltische Staaten“ oder „Baltische Staaten“ zusammengefasst werden, unterscheiden sie sich in Geschichte, Sprache und aktuellen Entwicklungen erheblich voneinander. Was sie jedoch eint, ist Russlands Vision. Dementsprechend verfolgen die drei baltischen Staaten eine gemeinsame Politik gegenüber Russlands aktuellem Angriffskrieg und identifizieren sich stark mit der überfallenen Ukraine.

Finanzielle Ungleichgewichte

Gleichzeitig blicken sie alle zunehmend kritisch auf die deutsche Politik. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 angekündigte „Wende“ wurde zunächst als Zeichen der (späten) Einsicht in das Fach interpretiert. Und auch als Beweis dafür, dass Deutschland endlich seine führende Rolle in Europa spielen will.

Die Freude währte jedoch nicht lange: Viele Debatten, Verzögerungen, Unklarheiten und teilweise verstörende Äußerungen in der Bundesrepublik über mögliche Friedensgespräche oder Stabilität im Konflikt haben das Vertrauen der baltischen Staaten in Deutschland schwer beschädigt.

Auch die Tatsache, dass Deutschland, das wirtschaftsstärkste Land Europas, nur 5,5 Milliarden Euro für Unterstützungsleistungen an die Ukraine bereitgestellt hat, wird sehr kritisch gesehen. Vor allem angesichts der 100 Milliarden Euro „Sondermittel“ für die Bundeswehr und 200 Milliarden für den sogenannten „Doppelboom“ für die Auswirkungen der Energiekrise. Dies unterstreicht das allgemeine Gefühl im Baltikum, dass die Bundesregierung das Ausmaß des Krieges und seine geopolitischen Implikationen noch nicht verinnerlicht hat.

Auf der anderen Seite herrscht in den baltischen Staaten der Tenor, dass die Ukraine alles bekommen soll, was sie braucht. Damit liegen Litauen, Estland und Lettland an der Spitze der Militärhilfe für die Ukraine, gemessen an ihrer Wirtschaftskraft. Die Gesellschaft hat auch den politischen Konsens über die Haltung gegenüber der Ukraine unterstützt.

Kleiner Beton

Auf der anderen Seite muss Deutschland nun als politische Führungs- und Schutzmacht auftreten, so dass die baltischen Völker vor allem auf die Aufstellung einer kampffähigen (rotierenden) Brigade in Litauen hoffen, verbunden mit dem allgemeinen Wunsch nach Verlässlichkeit und Vertrauen. . Allerdings hat Deutschland bei seinen baltischen Partnern vor allem im Hinblick auf kontroverse Debatten und Entscheidungen im politischen Berlin über Waffenlieferungen an Ansehen verloren.

Ein weiteres Beispiel ist die auf dem Nato-Gipfel in Madrid im Juni 2022 verabschiedete Erklärung zur Stärkung des östlichen Teils des Verteidigungsbündnisses. In Litauen hat Deutschland bisher eine Kampfeinheit als Teil der schnellen Eingreiftruppe der Nato geführt. Bei einem Besuch in Litauen Anfang Juni 2022 kündigte Bundeskanzler Scholz dann an, die Kräfte zu verstärken: von Bataillons- auf Brigadenstärke. Das bedeutet eine Mitarbeiterliste zwischen 3.000 und 5.000.

Der Bundesregierung fehlte jedoch lange Klarheit über die genaue Ausgestaltung des Engagements von Bundeskanzler Scholz. Litauen erwartet eine dauerhafte Stationierung. Die Aussage der Kanzlerin, “die es langfristig ermöglicht, die Koalitionstruppen vor Ort auf Brigadengröße aufzustocken”, hat in Litauen ebenso hohe Erwartungen geweckt.

Monate nach der Ankündigung von Scholz kündigte Außenministerin Annalena Berbak im November 2022 an, die entsprechende Einsatzbrigade teils in Deutschland, teils in Litauen einzusetzen. Dass die Erklärung einerseits dem Wortlaut widerspricht und andererseits die monatelange Diskussion innerhalb der Bundesregierung, verstärkt den Frust in Litauen, Estland und Lettland.

Jetzt ist Eile angesagt

Aus Sicht der baltischen Staaten wird die sicherheitspolitische Glaubwürdigkeit Deutschlands aber letztlich vor allem an der Unterstützung der Ukraine gemessen. Deshalb streben sie die Unterstützung Deutschlands für eine rasche Integration der Ukraine in die Europäische Union an. In ähnlicher Weise fordern Litauen, Estland und Lettland, dass die Ukraine auf dem bevorstehenden NATO-Gipfel in Vilnius, Litauen, im Juli eingeladen wird, der NATO beizutreten.

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